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Speiseröhrenkrebs: Moderne Therapien

Moderne Behandlungsmethoden beim Ösophaguskarzinom: Chirurgie, Chemotherapie, Immuntherapie, personalisierte Medizin.

11.7.2025

Speiseröhrenkrebs (Ösophaguskarzinom) ist eine seltene, aber oft sehr aggressive Krebserkrankung. In Deutschland erkranken jährlich etwa 5.000 bis 6.000 Menschen daran, vor allem Männer ab dem 60. Lebensjahr. Die Prognose hängt stark vom Stadium bei Diagnose ab. Doch moderne Therapien – von minimal-invasiven Operationen bis hin zu Immuntherapien – verbessern die Heilungschancen und Lebensqualität zunehmend.

Speiseröhrenkrebs – eine ernste, aber behandelbare Diagnose

Speiseröhrenkrebs (Ösophaguskarzinom) ist eine bösartige Tumorerkrankung der Speiseröhre. Die beiden wichtigsten histologischen Formen sind:

  • Plattenepithelkarzinom – häufig in der oberen und mittleren Speiseröhre, oft bei Rauchern und starken Alkoholkonsumenten.
  • Adenokarzinom – typischerweise im unteren Teil der Speiseröhre, häufig im Zusammenhang mit chronischem Sodbrennen und Barrett-Ösophagus.

Aufgrund der unspezifischen Symptome wird Speiseröhrenkrebs oft erst in fortgeschrittenen Stadien diagnostiziert. Dies erfordert eine kombinierte, multimodale Behandlung.

Diagnose – Wie wird Speiseröhrenkrebs festgestellt?

Die Diagnose beginnt meist bei Beschwerden wie Schluckstörungen (Dysphagie), ungewolltem Gewichtsverlust oder Schmerzen hinter dem Brustbein. Die wichtigsten Untersuchungen sind:

  • Endoskopie mit Biopsie (GastroskopieSpiegelung der Speiseröhre): Direktes Erkennen des Tumors und Entnahme von Gewebeproben (Biopsie).
  • Endosonografie: Ultraschalluntersuchung von innen zur Beurteilung der Tumortiefe und der Lymphknotenbeteiligung.
  • CT oder PET-CT von Thorax und Abdomen: Zur Detektion von Metastasen in Lymphknoten oder anderen Organen (Fernmetastasen) und Staging.
  • Molekulare Tests: Bei fortgeschrittenem Krebs werden die Tumorzellen auf bestimmte Biomarker untersucht (z. B. HER2, PD-L1), um zielgerichtete Therapien zu ermöglichen.

Molekulargenetische Untersuchungen gewinnen zunehmend an Bedeutung, insbesondere bei fortgeschrittenem Adenokarzinom, um personalisierte Therapien einsetzen zu können.

Therapieplanung – Interdisziplinärer Tumorboard-Ansatz

Die Behandlung von Speiseröhrenkrebs erfolgt immer durch ein interdisziplinäres Tumorboard. Chirurgen, Onkologen, Strahlentherapeuten, Gastroenterologen und Ernährungsexperten legen gemeinsam die individuell beste Strategie fest.

Operation – Die wichtigste Säule bei lokalisierten Tumoren

Wenn der Tumor auf die Speiseröhre begrenzt ist oder nur wenige Lymphknoten befallen sind, stellt die chirurgische Entfernung die zentrale Therapie dar. Je nach Lage und Ausdehnung wird die Speiseröhre teilweise oder vollständig entfernt (Ösophagektomie).

Moderne Verfahren umfassen:

  • Minimal-invasive Ösophagektomie (MIE): Schonende Methode mit kleinen Schnitten (Schlüssellochchirurgie). Diese minimalinvasiven Operationen (thorakoskopisch / laparoskopisch) gewinnen zunehmend an Bedeutung, da sie mit geringerer Belastung für die PatientInnen verbunden sind.
  • Roboterassistierte Ösophagektomie: Präzise Entfernung durch robotergestützte Verfahren, z. B. mit dem DaVinci-System.
  • Klassische Ösophagektomie: Entfernung der Speiseröhre mit Wiederherstellung der Passage durch einen aus dem Magen geformten Schlauch (Magenschlauch) oder ein Segment des Dickdarms.

Bei sehr frühen Tumoren (T1a) kann eine endoskopische Resektion (EMR/ESD) ausreichen – ein minimalinvasives Verfahren, bei dem der Tumor direkt durch das Endoskop entfernt wird.

Nach Entfernung der Speiseröhre wird in den meisten Fällen der Magen hochgezogen und direkt mit dem Rachen verbunden – dieses Verfahren wird als Magenhochzug bezeichnet.

Neoadjuvante und adjuvante Therapie – Vorbehandlung vor der OP

Bei lokal fortgeschrittenem Speiseröhrenkrebs (T3 oder Lymphknotenbefall) wird die Operation meist mit Chemotherapie oder Radiochemotherapie kombiniert, um den Tumor zu verkleinern und die Erfolgsrate zu erhöhen. Dies umfasst:

  • Radiochemotherapie: Kombination aus Bestrahlung und Chemotherapie, besonders bei Plattenepithelkarzinomen. Neoadjuvante Radiochemotherapie (vor der Operation) verbessert die Resektionsraten und die Überlebenswahrscheinlichkeit.
  • Chemotherapie: Bei Adenokarzinomen ist auch eine perioperative Chemotherapie (vor und nach der OP) etabliert. Zytostatika hemmen das Tumorwachstum. 

Die Wahl der optimalen Strategie richtet sich nach Tumorart, Lokalisation und Allgemeinzustand des Patienten oder der Patientin.

Chemotherapie – Standard bei inoperablen oder metastasierten Tumoren

Bei fortgeschrittenem Speiseröhrenkrebs, der nicht mehr operabel ist, kommt die systemische Chemotherapie zum Einsatz. Gängige Schemata beinhalten Kombinationen wie:

  • Platin-basierte Chemotherapie (Cisplatin, Oxaliplatin) plus 5-FU oder Capecitabin.
  • Taxane (Paclitaxel, Docetaxel) bei Progression nach Erstlinientherapie.

Chemotherapie kann die Lebensqualität verbessern und das Tumorwachstum verlangsamen, Heilung ist in metastasierten Stadien jedoch nicht mehr erreichbar.

Definitive Radiochemotherapie – Alternative bei Inoperabilität

Wenn eine Operation nicht möglich ist (z. B. bei schlechter Allgemeinverfassung oder inoperablem Tumor), kann eine definitive Radiochemotherapie die primäre Behandlung sein. Sie hat bei bestimmten Tumortypen (Plattenepithelkarzinome) gute Ergebnisse gezeigt.

Immuntherapie – Neue Hoffnung bei fortgeschrittenem Speiseröhrenkrebs

Ein Meilenstein in der Behandlung fortgeschrittener Stadien ist die Immuntherapie mit Checkpoint-Inhibitoren. Medikamente wie Nivolumab oder Pembrolizumab blockieren die Bremsen des Immunsystems und aktivieren die körpereigene Abwehr gegen Tumorzellen. Immuntherapien werden eingesetzt:

  • Nach Operation und Radiochemotherapie bei HochrisikopatientInnen.
  • In Kombination mit Chemotherapie bei metastasiertem Speiseröhrenkrebs.
  • Bei Plattenepithelkarzinomen und Adenokarzinomen mit PD-L1-Expression (CPS ≥ 10) wird Immuntherapie in Kombination mit Chemotherapie zunehmend zur Erstlinientherapie.
  • In der Zweitlinie (nach Versagen der Chemotherapie) kann Immuntherapie auch ohne PD-L1-Selektion eingesetzt werden.

Studien zeigen, dass Immuntherapie die Überlebenszeit signifikant verlängern kann, insbesondere bei immunologisch „heißen“ Tumoren mit hoher Mutationslast. Daher hat die Immuntherapie mit Checkpoint-Inhibitoren die Behandlungsmöglichkeiten in den letzten Jahren deutlich erweitert. 

Zielgerichtete Therapien – Präzisionsmedizin bei Speiseröhrenkrebs

Bei Speiseröhrenkrebs, insbesondere bei Adenokarzinomen, spielt die zielgerichtete Therapie eine zunehmende Rolle:

  • HER2-gerichtete Therapie (Trastuzumab-Deruxtecan, Trastuzumab – Antikörper gegen HER2) bei HER2-positiven Tumoren.
  • Anti-VEGF-Therapie (Ramucirumab) in späteren Therapielinien. In Studien wird auch der Einsatz von Bevacizumab getestet, um die Blutversorgung des Tumors zu unterbrechen.
  • Forschungsansätze prüfen auch zielgerichtete Medikamente gegen Claudin18.2, eine bei vielen Adenokarzinomen überexprimierte Struktur.

Molekulare Tumorprofile werden zunehmend Bestandteil der Routine-Diagnostik, um die individuell beste Therapie auswählen zu können.

Palliative Therapie bei fortgeschrittenem Krebs

Bei nicht heilbaren Stadien steht die Lebensqualität und die Symptomkontrolle im Vordergrund. Wichtige Maßnahmen:

  • Endoskopische Stenteinlage: Metallstents halten die Speiseröhre offen und erleichtern das Schlucken.
  • Ernährungstherapie: Hochkalorische Trinknahrung oder künstliche Ernährung (z. B. Ernährungssonde, parenterale Ernährung).
  • Schmerztherapie: Multimodales Konzept zur Linderung von Tumorschmerzen. 
  • Psychosoziale Begleitung und Palliativmedizin zur Unterstützung von PatientInnen und Angehörigen.

Ernährungsunterstützung – Unverzichtbarer Bestandteil der Behandlung

PatientInnen mit Speiseröhrenkrebs leiden oft an Gewichtsverlust und Mangelernährung, da das Schlucken erschwert ist. Moderne Zentren arbeiten daher eng mit Ernährungsspezialisten zusammen. Möglich sind:

  • Individuelle Ernährungsberatung
  • Hochkalorische Nahrungsergänzungen
  • Temporäre Ernährungssonden

Psychoonkologische Begleitung – Unterstützung bei Ängsten und Lebensqualität

Speiseröhrenkrebs und die oft belastenden Therapien haben starke Auswirkungen auf die Psyche. Ängste vor dem Essen, sozialer Rückzug oder depressive Verstimmungen sind häufig. Eine frühzeitige psychoonkologische Betreuung hilft dabei, besser mit der Erkrankung umzugehen und die Lebensqualität zu stabilisieren.

Neue Ansätze in der Forschung – Hoffnung für die Zukunft

Aktuelle Forschung zu Speiseröhrenkrebs konzentriert sich auf:

  • Neue Immuntherapien: Zum Beispiel die Kombination von Immun-Checkpoint-Inhibitoren und personalisierten Krebsimpfstoffen (Tumorvakzine), die gezielt die Immunreaktion gegen Tumorantigene stimulieren.
  • Kombinationstherapien: Studien untersuchen die Kombination von Immuntherapien mit zielgerichteten Therapien, um Synergieeffekte zu erzielen.
  • Flüssigbiopsien (Liquid Biopsy): Bluttests zur Überwachung des Therapieansprechens und zur frühzeitigen Erkennung von Rückfällen.
  • Neue minimalinvasive Operationstechniken: Ziel ist eine schnellere und schonende Rekonvaleszenz.

Der Trend geht klar in Richtung einer immer individuelleren Therapie, die die genetischen und immunologischen Besonderheiten des Tumors berücksichtigt.

Klinische Studien – Zugang zu neuen Therapien

Betroffene können von der Teilnahme an klinischen Studien profitieren. In spezialisierten Zentren gibt es laufend neue Studien zu:

  • Immuntherapien in Kombination mit Strahlentherapie
  • Neue Checkpoint-Inhibitoren
  • Kombination von Radiochemotherapie und zielgerichteten Substanzen

Fortschritte bringen neue Chancen – Individuelle Behandlungskonzepte für bessere Prognose

Die Behandlung von Speiseröhrenkrebs wird immer mehr auf den individuellen PatientInnen zugeschnitten. Faktoren wie:

  • Tumorart (Plattenepithelkarzinom oder Adenokarzinom)
  • Stadium und Lokalisation
  • Allgemeinzustand des Patienten
  • Molekulare Eigenschaften des Tumors

bestimmen die optimale Therapie. Moderne Konzepte kombinieren Operation, Strahlen- und Chemotherapie sowie Immun- und zielgerichtete Therapien – maßgeschneidert für den einzelnen Patienten.

Quelle: Prosoma

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