Nach dem Ende der Behandlung ist die Erkrankung nicht vorbei. Jetzt beginnt die Zeit der Nachsorge.
Nach dem Ende der Behandlung ist die Erkrankung nicht vorbei. Jetzt beginnt die Zeit der Nachsorge. EINE Möglichkeit der Nachsorge ist eine Anschlussheilbehandlung bzw. eine Reha. Hier erfährst Du, ob das eine gute Idee für Dich ist.
Stellen wir uns folgenden Fall vor: Christian P., 54, hat nach der Lungenkrebsdiagnose eine Operation mit anschließender Chemotherapie hinter sich gebracht. Er ist nach dieser schwierigen Zeit noch sehr erschöpft. Gleichzeitig hat er keinen größeren Wunsch, als in seinen Alltag zurückzukehren. Er möchte gerne zurück in den Beruf. Zum einen mag er seine Tätigkeit im Unternehmen, zum anderen freut er sich auf seine Kolleg*innen und auf die Normalität des Alltags.
Sein Onkologe schlägt ihm eine Anschlussheilbehandlung vor, die ihm helfen soll, körperlich wie seelisch wieder auf die Beine zu kommen. Er ist sich unsicher und hört sich in seinem Bekanntenkreis um. Einer sagt: „Was willst Du denn in der Reha? Da sind nur kranke Leute, alle reden über ihre Leiden, das zieht Dich nur runter!” Aber der Mann seiner Schwester, der bereits Erfahrung hat mit der Reha, rät ihm dringend, sich diese Zeit zu nehmen: „Dort geht man auf Deine Situation ein, Du wirst Kraft tanken und Dich von den Strapazen der Behandlung erholen können.”
In der Regel muss eine Anschlussheilbehandlung innerhalb von zwei Wochen nach dem letzten Behandlungsschritt angetreten werden. Das heißt: die Primärbehandlung ist abgeschlossen, und es gibt eine positive Prognose darüber, dass die Onkologische Reha die körperlichen, seelischen, sozialen und/oder beruflichen Krankheitsfolgen verbessern wird.
Wichtig ist auch die sogenannte „Rehafähigkeit“, also eine körperlich ausreichende Belastbarkeit, um auch wirklich von den Angeboten der Rehabilitation profitieren zu können.
Es besteht außerdem die Möglichkeit, bis zum Ablauf eines Jahres nach Ende der Primärbehandlung eine onkologische Rehabilitation in Anspruch zu nehmen. Bei besonders schweren Funktionsstörung kann diese sogar bis zu zwei Jahre nach der Primärbehandlung begonnen werden.
Im Zeitraum der ersten zwei Jahre kann der Patient/die Patientin außerdem eine zweite Reha-Maßnahme beantragen, wenn erhebliche Funktionsstörungen vorliegen und die körperlichen, sozialen, seelischen oder beruflichen Einschränkungen, die durch die Erkrankung entstanden sind, durch eine weitere Behandlung positiv zu beeinflussen sind.
Der Kostenträger ist in den meisten Fällen die Deutsche Rentenversicherung (DRV) oder die gesetzliche Krankenkasse.
Für alle Menschen, die nach einer Krebsdiagnose eine entsprechende Behandlung durchlaufen haben und gestärkt in den Alltag zurückkehren wollen.
Insbesondere für Berufstätige, die ihre mentale und körperliche Belastbarkeit wiederherstellen wollen, aber auch für Rentner, die möglichst lange ihre Selbständigkeit erhalten wollen, für Mütter oder Väter, die in einigen Einrichtungen auch ihre Kinder mitbringen können.
Sogar Hundebesitzer sind in manchen Reha-Einrichtungen willkommen.
Eine Krebserkrankung betrifft den ganzen Menschen, daher ist eine Reha auch ganzheitlich ausgerichtet. Körperliche Nachwirkungen, Bewegungseinschränkungen, Schmerzen und Ängste sollen gemildert werden. Der Blick richtet sich auf die Krankheitsverarbeitung, auf Genesung und Lebensqualität, aber auch auf Selbständigkeit und zukünftige Erwerbsfähigkeit.
Um diese anspruchsvollen Ziele zu erreichen, liefert eine Reha folgende Zutaten:
Expert*innen mit medizinischer, physiotherapeutischer, psychologischer, ergotherapeutischer, ernährungsbezogener und sozialdienstlicher Kompetenz.
Die Offenheit eines Rehabilitanden, sich auf das Reha-Angebot einzulassen, sowie die Bereitschaft, die Erfahrung zu machen, dass auch andere mit ähnlichen Gefühlen und Beeinträchtigungen zu kämpfen haben, ist erforderlich. In den drei oder vier Wochen entwickeln sich oft wertvolle Begegnungen und Gespräche. Sich nicht mehr so allein zu fühlen mit der Erkrankung, hat großen Einfluss auf eine erfolgreiche Verarbeitung der Erkrankung.Wenn dann noch die Einrichtung in einer wohltuenden Umgebung liegt (am Meer, am Wald, in einer Seenlandschaft…), dann trägt auch diese Zutat zum Erfolg des Aufenthaltes bei.
Der Antrag auf eine Anschlussheilbehandlung (direkt nach der Behandlung) wird von der Klinik aus gestellt oder von den behandelnden Ärzt*innen.
Bei einer Reha (also zu einem späteren Zeitpunkt) muss der Antrag alleine gestellt werden. Die Formulare dafür gibt es bei der Rentenversicherung, Krankenkassen oder Auskunfts- und Beratungsstellen. Der Patient/die Patientin ist dafür verantwortlich, einen ärztlichen Befundbericht einzuholen, aus dem hervorgeht wie der Gesundheitszustand der Person ist und welche Nebenerkrankungen und Einschränkungen bestehen. Dieser Bericht muss dem Antrag beigefügt werden.
Es lohnt sich, bei einer Ablehnung durch die Rentenversicherung oder die Krankenkasse in Berufung zu gehen und die Notwendigkeit der Maßnahme deutlich zu machen!
Bei der Auswahl des Ortes empfiehlt es sich, nicht nur nach der Lage sondern auch nach dem Angebot, der Spezialisierung sowie dem Gesamteindruck auf der Website der Rehaklinik zu entscheiden.
Auch Qualitätssiegel wie z.B. „Exzellente Qualität in der Rehabilitation“ oder das Portal www.klinikbewertungen.de können bei der Suche nach der geeigneten Reha helfen.
Wenn Du keine Wahl zum Ort der Reha triffst, entscheidet der Kostenträger, wohin die Reise gehen soll. Das hat mit den Kapazitäten der Einrichtungen zu tun. Die Einrichtungen an der Küste zum Beispiel sind schnell ausgebucht und haben entsprechend lange Wartezeiten.
Stellen wir uns wieder vor, Christian hat auf den Rat seines Schwagers gehört und packt nach vier Wochen Reha (er hat eine Woche verlängern können) seine Koffer, um nach Hause zu fahren. Am besten fragen wir ihn direkt nach seinen Erfahrungen.
Christian: „Also am Abend des ersten Tages wäre ich am liebsten abgereist. Ich fühlte mich überfordert und war vollkommen platt. Alles war fremd und befremdlich. Ich sollte ab jetzt jeden Morgen in meinem Fach den aktuellen Plan für den Tag holen und mich einem Tagesablauf unterordnen, der mich schon beim Lesen fertig machte. Morgens um 7.15 Uhr Frühsport. VOR dem Frühstück!!! Ganz schön anstrengend!
Aber nach ein paar Tagen ging es mir bereits besser. Die Termine gaben meinem Tag wieder Struktur. In einer Gruppe von anderen Betroffenen sprachen wir darüber, wie die Diagnose und die Behandlung das Leben verändert hat. Mit niemandem hatte ich bisher so offen über meine Erfahrungen sprechen können, das tat richtig gut!
Nach der Hälfte der Zeit verstand ich zum ersten Mal, warum mentale Strategien der Krankheitsverarbeitung so wichtig sind. Ich verstand die Notwendigkeit von Entspannungsfähigkeit sowie von regelmäßiger Bewegung. Ich durfte in der zweiten Woche in die Muckibude und endlich wieder trainieren.
Heute, am letzten Tag „meiner Reha“, kann ich es kaum erwarten, meine Lieben daheim endlich wiederzusehen. Ich gehe gestärkt an Leib und Seele nach Hause! Noch lange nicht auf hundert Prozent – den Zahn hat man mir gezogen. Aber ich habe zum ersten Mal seit der Diagnose wieder das Gefühl, selbst am Steuer zu sitzen und mein Leben beeinflussen zu können. Die nennen das hier Selbstwirksamkeitsüberzeugung. Egal, wie das heißt, aber ich bin wieder im Spiel.“
Quelle: Prosoma