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Die Kunst des aktiven Zuhörens

Aktives Zuhören fördert die emotionale Bewältigung und das Wohlbefinden von Krebsbetroffenen.

24.10.2025
Expertenbeitrag

Aktives Zuhören ist das größte Geschenk, das Angehörige und Freunde den Betroffenen machen können. Diese Fähigkeit vermittelt nicht nur Mitgefühl und Verständnis, sondern schafft auch eine sichere Umgebung, in der die betroffene Person ihre Gedanken und Gefühle ohne Angst vor Verurteilung teilen kann. Aktives Zuhören vertieft die emotionale Verbindung, die in schwierigen Zeiten Stabilität und Trost bieten kann. Es trägt dazu bei, dass Betroffene in ihren Gefühlen gesehen und gehört werden, ohne dass sie von (gutgemeinten) Ratschlägen erschlagen werden. 

Aktives Zuhören kann auch dazu beitragen, Missverständnisse zu vermeiden und eine klarere Kommunikation zu fördern. Das Gefühl, wirklich gehört und verstanden zu werden, leistet somit einen bedeutenden Beitrag zur emotionalen Bewältigung und zum allgemeinen Wohlbefinden der betroffenen Person.

Wie aktives Zuhören emotionale Bindungen stärkt

Um die emotionalen Bindungen zu stärken, ist es wichtig, dem Gegenüber die volle Aufmerksamkeit zu schenken. Dies bedeutet, nicht nur auf die Worte zu achten, sondern auch auf nonverbale Signale wie Gesichtsausdruck und Körpersprache. Solche Signale liefern wertvolle Hinweise auf die wahren Gefühle und Gedanken des Gegenübers. Fühlt sich die Person verstanden und akzeptiert, schafft dies eine Atmosphäre von Vertrauen und sorgt für gute emotionale Unterstützung in schwierigen Zeiten. Für Betroffene ist das Gefühl von Einsamkeit, Ausgeschlossenheit und Hilflosigkeit besonders belastend. Aktives Zuhören kann dieses Gefühl auflösen, weil jemand ohne Bewertung einfach da ist und die Last mitträgt. 

Ein weiterer Aspekt, der zur Stärkung emotionaler Bindungen beiträgt, ist die Verwendung verbaler Techniken wie aktives Bestätigen und Zusammenfassen der gesagten Worte. Durch das Nachfragen und Bestätigen zeigt man, dass man wirklich zuhört und an den Gedanken der anderen Person interessiert ist. Dies hilft, Missverständnisse zu vermeiden und sicherzustellen, dass die Kommunikation klar und offen bleibt.

Techniken des aktiven Zuhörens

Aktives Zuhören geht weit über das bloße Hören der gesprochenen Worte hinaus. Es erfordert eine bewusste und engagierte Aufmerksamkeit, die durch Körpersprache, nonverbale Hinweise und spezielle verbale Techniken unterstützt wird. 

All diese Maßnahmen tragen dazu bei, eine echte und hilfreiche Kommunikation zu entwickeln, die bei der emotionalen Verarbeitung der Krebserkrankung von unschätzbarem Wert ist. Durch die Kombination von aufmerksamer Körpersprache, verbalen Techniken und dem Verzicht auf Unterbrechungen kannst Du eine Umgebung schaffen, in der sich die betroffene Person sicher und verstanden fühlt.

Körpersprache und nonverbale Hinweise

Halte Augenkontakt, nicke zustimmend und wende Dich der Person zu, um zu zeigen, dass Du präsent bist. Achte auch auf nonverbale Hinweise wie Gesichtsausdruck und die Körperhaltung Deines Gegenübers, da diese zusätzliche Informationen über seine emotionalen Zustände liefern können. Ein einfühlsames Lächeln oder das beruhigende Berühren einer Hand können signalisieren, dass Du wirklich bei der Sache bist und die Emotionen des anderen wahrnimmst und annimmst.

Eine offene und zugewandte Körperhaltung vermittelt ebenfalls, dass Du bereit bist, zuzuhören und die andere Person sprechen zu lassen. Vermeide es, die Arme zu verschränken oder Dich abzuwenden, da solche Gesten für Verunsicherung sorgen können.. Durch die bewusste Aufmerksamkeit auf Deine eigene Körpersprache und die des Gegenübers schaffst Du eine vertrauensvolle Atmosphäre.

Verbale Techniken

Durch den bewussten Einsatz einfühlsamer und bestätigender Aussagen kannst Du  signalisieren, dass Du wirklich zuhörst und die Gefühle und Sorgen des Gegenübers ernst nimmst. Vermeide es, Lösungen anzubieten, aufmuntern zu wollen, Dich betont fröhlich oder zuversichtlich zu geben. Beim Aktiven Zuhören geht es vielmehr um das Zulassen, Verstehen und Aushalten, nicht um Lösungsorientierung. Beispiele für hilfreiche verbale Techniken sind:

  • Empathische Aussagen: Sätze wie „Das muss sehr schwer für Dich sein“ oder „Ich verstehe, dass Du Dich ängstlich fühlst“ zeigen, dass Du die Emotionen des Gegenübers wahrnimmst und anerkennst.
  • Aktives Bestätigen: Nicken oder bekräftigende Phrasen wie „Ja, ich verstehe“ oder „Erzähl mir mehr darüber“ helfen dem Gegenüber zu erkennen, dass Du aufmerksam und am Gespräch interessiert bist.
  • Zusammenfassungen: Fasse hin und wieder das Gesagte zusammen, um Missverständnisse zu vermeiden und sicherzustellen, dass Du alles richtig verstanden hast. Zum Beispiel: „Wenn ich Dich richtig verstehe, hast Du Angst vor den kommenden Behandlungen, stimmt das?“
  • Gezieltes Nachfragen: Stelle Ergänzungsfragen, wenn etwas unklar ist oder Dein Gegenüber weitere Einzelheiten mitteilen möchte.  Dies zeigt, dass Du wirklich zuhörst und daran interessiert bist, mehr zu erfahren.

Indem Du diese verbalen Techniken anwendest, schaffst Du Offenheit und eine Atmosphäre des Vertrauens. Kleiner Hinweis: Kommunikationstechniken sind nur dann wirkungsvoll, wenn auch die innere Haltung von Offenheit, Wertschätzung und Mitgefühl bestimmt ist!  

Vermeidung von Unterbrechungen

Wenn es möglich ist, versuche Unterbrechungen zu vermeiden. Einen emotional hochbelasteten Menschen kostet es oft Überwindung, seine Gedanken und Gefühle auszudrücken,i Deshalb gilt es, nach Möglichkeit Unterbrechungen zu vermeiden. Vielmehr geht es jetzt darum, Geduld und Verständnis zu zeigen, indem man diesem Menschenden Raum gibt, seine Gedanken und Gefühle  zuzulassen und sie einem nahestehenden Menschen mitzuteilen. Diese Offenheit ist ein Geschenk, das mit Respekt und Zartgefühl angenommen werden sollte.

Beim Vermeiden von Unterbrechungen können verschiedene Strategien hilfreich sein:

  • Geduld zeigen: Lass der Person die Zeit, die sie braucht, um ihre Gedanken zu ordnen und auszudrücken. Manchmal kann es eine Weile dauern, bis jemand seine Gefühle in Worte fassen kann.
  • Aktives Zuhören signalisieren: Zeige durch zustimmende Gesten wie Nicken und Blickkontakt, dass Du aufmerksam zuhörst. Dies gibt dem Sprecher die Sicherheit, dass sein Anliegen ernst genommen wird.
  • Zurückhaltung üben: Vermeide es, Ratschläge zu erteilen oder Deine eigenen Erfahrungen zu schildern. Unaufgeforderte Ratschläge können den Gesprächsfluss stören und das Gefühl vermitteln, dass man ihm nicht zuhört. 

Emotionale Unterstützung für Krebskranke

Die Diagnose Krebs stellt eine immense emotionale Herausforderung dar, sowohl für die betroffene Person selbst als auch für deren Angehörige. Es ist daher von größter Bedeutung, eine emotionale Unterstützung zu bieten, die auf Verständnis, Akzeptanz und Mitgefühl basiert. Aktives Zuhören  ermöglicht es den Betroffenen, ihre Ängste und Sorgen offen anzusprechen, ohne Angst vor Bewertung oder Zurückweisung Kleiner HInweis: nach Möglichkeit sollten auch Angehörige und Freunde ihre Last mit jemandem teilen können wie z.B. bei Freunden oder in professioneller Beratung.

Schaffung eines sicheren Raumes

Ein sicherer Raum bedeutet nicht nur einen physischen Ort, sondern auch eine Atmosphäre, in der die betroffene Person frei und ohne Angst vor Verurteilung ihre Gefühle äußern kann. Dies erfordert von den unterstützenden Personen eine bewusste Selbstdisziplin, Mitgefühl und Geduld.

Autor
Autorin
Prüfer
Prüferin

Angelika von Aufseß

Psychoonkologin und Autorin mit über 10 Jahren Erfahrung in der therapeutischen und rehabilitativen psychoonkologischen Arbeit mit Patient:innen nach der Krebsdiagnose.

Mehr erfahren
Quellen:
  • S3-Leitlinie Psychoonkologische Diagnostik, Beratung und Behandlung von erwachsenen Krebspatient*innen (Leitlinienprogramm Onkologie von Deutscher Krebsgesellschaft, Deutscher Krebshilfe und AWMF). 
  • Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ) Krebsinformationsdienst / Deutsche Krebshilfe Informationsmaterialien. 
  • Fachliteratur zur Gesprächsführung und Kommunikation in der Psychotherapie oder Pflege 
  • Wissenschaftliche Publikationen zur Kommunikation in der Onkologie (z. B. in deutschen Fachzeitschriften). 
  • Informationen der Landeskrebsgesellschaften oder des Bundesverbands der Krebsberatungsstellen.
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