Warum verlieren wir während einer Krebserkrankung und ihrer Behandlung Muskelmasse – und was hilft beim Muskelaufbau?
Fühlst Du Dich nach der Krebsbehandlung geschwächt? Hast Du das Gefühl, dass Du schneller ermüdet wirst und an Körpergewicht verloren hast? Das ist wahrscheinlich die Folge eines Muskelverlusts – ein Problem, mit dem viele Menschen in Deiner Situation zu kämpfen haben. Der Wiederaufbau der Muskelmasse ist ein entscheidender Teil der Regeneration nach einer Krebsbehandlung. Wenn Du Deine Muskeln wieder aufbaust, wirst Du mehr Kraft haben, Deine körperliche Leistungsfähigkeit verbessern und so Deine Lebensqualität spürbar steigern. Doch wie gelingt das? Die gute Nachricht ist: Es ist weniger kompliziert, als es scheint. Entscheidend sind eine eiweißreiche Ernährung und regelmäßige Bewegung.
Krebserkrankungen gehen oft mit chronischen Entzündungen und Stoffwechselstörungen einher. Der Körper benötigt in dieser Zeit mehr Eiweiß. Wenn er nicht genügend Eiweiß über die Nahrung aufnimmt, greift er auf körpereigene Reserven zurück – das bedeutet Muskelabbau.
Auch die Krebstherapie selbst kann diesen Prozess verstärken. Während der Behandlung arbeitet das Immunsystem auf Hochtouren, und der Körper konzentriert sich darauf, Wunden zu heilen und Schäden zu reparieren. Dafür benötigt er Eiweiß – der Bedarf steigt entsprechend an.
Bei einigen KrebspatientInnen erhöht sich zusätzlich der Kalorienbedarf, zum Beispiel bei Tumoren der Lunge, der Bauchspeicheldrüse oder des oberen Verdauungstrakts.
Darüber hinaus gibt es eine Reihe weiterer Faktoren, die während der Krebstherapie zu einem Muskelabbau beitragen können:
Der Muskelaufbau nach einer Krebsbehandlung braucht daher Zeit. Geduld, eine ausgewogene Ernährung und regelmäßige Bewegung sind entscheidend. Doch „regelmäßige Bewegung“ bedeutet nicht, sich zu überfordern – es geht darum, sich entsprechend der eigenen Möglichkeiten zu bewegen und Freude an der Aktivität zu haben, ohne sich zu überlasten. Schau dir unbedingt unsere Lektion zu lebenswichtigen Aktivitäten an und beginne sie in der App zu dokumentieren.
Eiweiß ist der wichtigste Baustoff für Muskeln. Nach einer Krebsbehandlung ist eine ausreichende Eiweißzufuhr entscheidend für:
Doch wie viel Eiweiß braucht man eigentlich? Ist hier die Devise „je mehr, desto besser“?
Ganz so einfach ist es nicht. Die empfohlene Eiweißzufuhr sollte individuell angepasst werden. Generell benötigen Krebspatient:innen fast doppelt so viel Eiweiß wie gesunde Menschen – die genaue Menge hängt jedoch vom Ernährungszustand, der körperlichen Aktivität und dem allgemeinen Gesundheitszustand ab. Personen mit Nierenproblemen sollten beispielsweise besonders vorsichtig mit einer erhöhten Eiweißzufuhr sein.
Eiweiß kommt sowohl in tierischen als auch in pflanzlichen Lebensmitteln vor, wobei tierisches Eiweiß eine höhere biologische Wertigkeit hat. Das bedeutet, dass es alle essentiellen Aminosäuren in optimalen Mengen und Verhältnissen enthält – der Körper kann diese nicht selbst herstellen, weshalb sie über die Nahrung aufgenommen werden müssen.
Tierisches Eiweiß hat zudem eine hohe Verdaulichkeit, sodass es nahezu vollständig vom Körper verwertet werden kann. Daher sollten während einer Krebstherapie etwa 65 % des aufgenommenen Eiweißes aus tierischen Quellen stammen.
Gute tierische Eiweißquellen sind:
Pflanzliches Eiweiß hingegen enthält oft nicht alle essentiellen Aminosäuren in ausreichender Menge und ist schwerer verdaulich. Deshalb hat es eine geringere biologische Wertigkeit.
Gute pflanzliche Eiweißquellen sind:
Um die biologische Wertigkeit pflanzlicher Eiweiße zu erhöhen, empfiehlt es sich, verschiedene Lebensmittel zu kombinieren, sodass sich die enthaltenen Aminosäuren ergänzen:
Falls es schwer fällt, ausreichend Eiweiß über die normale Ernährung aufzunehmen, kann medizinische eiweißreiche Spezialnahrung in Betracht gezogen werden – jedoch nur in Absprache mit einem Arzt.
Neben einer eiweißreichen Ernährung ist es essentiell, dem Körper genügend Kalorien zuzuführen. Sonst nutzt er das zugeführte Eiweiß nicht für den Muskelaufbau, sondern zur Energiegewinnung. Auch körperliche Aktivität erhöht den Energiebedarf – wer sich mehr bewegt, sollte die Ernährung entsprechend anpassen.
Während der Genesungsphase solltest Du auf eine regelmäßige und ausgewogene Ernährung mit möglichst wenig verarbeiteten Lebensmitteln achten. Achte darauf, Deine Mahlzeiten sinnvoll zusammenzustellen, um Deine Regeneration bestmöglich zu unterstützen.
Neben einer optimalen Eiweißzufuhr sollte die Ernährung nach einer onkologischen Behandlung reich an weiteren Nährstoffen sein, die die Regenerationsprozesse des Körpers unterstützen. Dazu gehören:
Ungesättigte Fettsäuren aus Olivenöl, Avocado, Nüssen oder fettem Fisch wirken entzündungshemmend und fördern die Herzgesundheit. Besonders wichtig sind die essentiellen Omega-3-Fettsäuren. Sie kommen reichlich in Meeresfrüchten und Fischen wie Lachs, Makrele oder Sardinen vor, aber auch in Leinöl, Leinsamen und Walnüssen. Einige medizinische Ernährungsprodukte enthalten ebenfalls Omega-3-Fettsäuren. Mehr dazu erfährst Du in unserem Podcast.
Vollkornprodukte wie Hirse, brauner Reis, Vollkornnudeln, Kartoffeln oder Haferflocken liefern langanhaltende Energie, die für körperliche Aktivität und Regeneration unerlässlich ist.
Eine abwechslungsreiche Ernährung sorgt für eine optimale Zufuhr an Vitaminen und Mineralstoffen, die für die Muskelgesundheit entscheidend sind. Besonders wichtig sind die B-Vitamine, Vitamin E und C sowie Eisen, Folsäure und Kalzium. Auch auf eine ausreichende Versorgung mit Vitamin D sollte geachtet werden, da ein Mangel die Muskelfunktion schwächen kann.
Aber Achtung: „Mehr ist nicht immer besser“. Eine Überdosierung von Vitaminen kann auch negative Folgen haben.
Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist essentiell für die Muskel- und Stoffwechselfunktion und hilft zudem, Giftstoffe aus dem Körper zu eliminieren.
Es gibt verschiedene Formen körperlicher Aktivität, die jeweils eine unterschiedliche Rolle für die Gesundheit und Fitness spielen:
Gerade in den ersten Phasen der Rekonvaleszenz kann es sinnvoll sein, die Unterstützung eines Physiotherapeuten in Anspruch zu nehmen. Ein individuell abgestimmtes Trainingsprogramm hilft dabei, Fortschritte zu erzielen, ohne den Körper zu überlasten. Zu intensive Trainingseinheiten können schnell demotivieren – Bewegung sollte Freude bereiten, denn so wird sie leichter zur festen Gewohnheit im Alltag.
Viele Menschen unterschätzen, dass der Wiederaufbau der Muskelmasse nach einer Krebsbehandlung nicht nur eine körperliche, sondern auch eine psychische Herausforderung ist. Körperliche und mentale Regeneration sind eng miteinander verknüpft: Negative Gedanken können den Heilungsprozess hemmen, während eine positive Einstellung eine wichtige Stütze sein kann.
Natürlich sind die Anfänge oft schwer. Vielleicht fällt es Dir schwer, Dich in Deiner neuen Realität zurechtzufinden und zu akzeptieren, dass dein Körper nicht mehr so leistungsfähig ist wie vor der Erkrankung. Tätigkeiten, die früher selbstverständlich waren, können sich nun anstrengend anfühlen. Hinzu kommt oft die Angst vor einem Rückfall, die die Motivation zur körperlichen Erholung schwächen kann. Solche Gedanken sind völlig normal. Eine psychoonkologische Begleitung kann dir helfen, motiviert zu bleiben.
Quellen:
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