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Muskelaufbau nach der Krebsbehandlung

Warum verlieren wir während der Krebserkrankung und -therapie Muskelmasse? Was fördert den Muskelaufbau?

24.10.2025
Expertenbeitrag

Fühlst Du Dich nach der Krebsbehandlung geschwächt? Hast Du das Gefühl, dass Du schneller zu ermüden und an Körpergewicht verloren zu haben? Häufig liegt das an einem Verlust von Muskelmasse – ein Problem, mit dem viele Betroffene nach einer Krebstherapie konfrontiert sind. Der gezielte Wiederaufbau von Muskelmasse ist ein entscheidender Teil der Regeneration. Er trägt dazu bei, Kraft und körperliche Leistungsfähigkeit zurückzugewinnen und die Lebensqualität spürbar zu verbessern.  Die gute Nachricht: Muskelaufbau ist möglich – und weniger kompliziert, als es scheint. Entscheidend sind eine ausreichende Eiweißzufuhr und regelmäßige körperliche Aktivität, idealerweise in Abstimmung mit medizinischem Fachpersonal.‍

Warum verliert man Muskelmasse während einer Krebsbehandlung?

Krebserkrankungen gehen oft mit chronischen Entzündungen und Stoffwechselveränderungen einher. Der Körper benötigt in dieser Zeit mehr Eiweiß. Wird über die Nahrung nicht ausreichend Eiweiß aufgenommen, greift er auf körpereigene Reserven zurück – vor allem auf die Muskulatur.

Auch die Krebstherapie selbst kann diesen Prozess verstärken. Während der Behandlung arbeitet das Immunsystem auf Hochtouren, und der Körper richtet seine Energie auf Heilung und Reperatur. Dafür wird zusätzlich Eiweiß benötigt – der Bedarf steigt deutlich an.

Bei einigen Krebspatient:innen erhöht sich auch der Kalorienbedarf, etwa bei Tumoren der Lunge, der Bauchspeicheldrüse oder des oberen Verdauungstrakts. Darüber hinaus gibt es eine Reihe weiterer Faktoren, die während einer Krebstherapie den Muskelabbau fördern können:

  • Operationen – Der Stress rund um eine Operation, eine unzureichende Kalorien- und Eiweißzufuhr, reduzierte körperliche Aktivität und stoffwechselbedingte Veränderungen beschleunigen den Abbau von Muskelproteinen.
  • Chemotherapie – Die eingesetzten Medikamente können Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Appetitlosigkeit verursachen. Dadurch sinkt die Nahrungsaufnahme, was zum Verlust von Körpergewicht – insbesondere Muskelmasse – führt.
  • Strahlentherapie – Vor allem Bestrahlungen im Kopf-, Hals- und Bauchbereich können Beschwerden hervorrufen, die die Nahrungsaufnahme erschweren.
  • Hormonelle Veränderungen – Therapien können den Spiegel von Hormonen wie Testosteron oder Östrogen beeinflussen, die für den Erhalt der Muskulatur wichtig sind.
  • Geringere körperliche Aktivität – Während der Behandlung kann sich die körperliche Belastbarkeit verringern, was zu weniger Bewegung und weiterem Muskelabbau führt.

Wie kann man nach einer Krebstherapie Muskeln wieder aufbauen?

Der Muskelaufbau nach einer Krebsbehandlung braucht Zeit. Entscheidend sind Geduld, eine ausgewogene Ernährung und regelmäßige Bewegung. Doch mit „regelmäßiger Bewegung“ ist nicht gemeint, sich zu überfordern – sondern die körperliche Aktivität an die eigenen Möglichkeiten anzupassen. 

Wichtig ist, Freude an Bewegung zu finden und sich nicht zu überlasten. Schau Dir in der App unsere Lektion zu lebenswichtigen Aktivitäten an und beginne, diese zu dokumentieren.

Die Rolle von Eiweiß beim Muskelaufbau nach einer Krebsbehandlung

Eiweiß ist der wichtigste Baustoff für Muskeln. Nach einer Krebsbehandlung ist eine ausreichende Eiweißzufuhr entscheidend für:

  • die Reparatur geschädigter Gewebe – Eiweiß ist essenziell für die Regeneration und den Wiederaufbau von Zellen, einschließlich Muskelzellen.
  • den Muskelaufbau – Nur wenn genügend Eiweiß vorhanden ist, kann Muskelmasse wieder aufgebaut werden.
  • die Aufrechterhaltung wichtiger Stoffwechselprozesse – Eiweiß unterstützt das Immunsystem und hilft dem Körper, besser auf Stress zu reagieren.

Doch wie viel Eiweiß braucht man eigentlich? Ist hier die Devise „je mehr, desto besser“? Ganz so einfach ist es nicht. Die empfohlene Eiweißzufuhr sollte individuell angepasst werden. 

In der Onkologie empfehlen Fachgesellschaften in der Regel 1,2–2,0 g Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht und Tag, abhängig vom Ernährungszustand, der körperlichen Aktivität und dem allgemeinen Gesundheitszustand.

Wichtig: Personen mit Nierenproblemen sollten eine erhöhte Eiweißzufuhr nur nach Rücksprache mit medizinischem Fachpersonal umsetzen.

Die besten Eiweißquellen für Krebspatient:innen

Eiweiß kommt sowohl in tierischen als auch in pflanzlichen Lebensmitteln vor. Tierisches Eiweiß hat eine hohe biologische Wertigkeit, da es alle essentiellen Aminosäuren in ausreichender Menge und im optimalen Verhältnis enthält. 

Diese Aminosäuren kann der Körper nicht selbst herstellen – sie müssen über die Nahrung aufgenommen werden. Außerdem ist tierisches Eiweiß sehr gut verdaulich und kann fast vollständig verwertet werden.

Gute tierische Eiweißquellen sind:

  • Eier,
  • Milch und Milchprodukte,
  • Fleisch und Fisch.

Pflanzliches Eiweiß enthält oft nicht alle essentiellen Aminosäuren in optimaler r Menge und ist teilweise schwerer verdaulich. Dennoch sind auch pflanzliche Eiweißquellen wertvoll, vor allem in Kombination.

Gute pflanzliche Eiweißquellen sind:

  • Getreideprodukte (z. B. Vollkornbrot, Quinoa, Nudeln),
  • Hülsenfrüchte (z.B. Linsen, Bohnen, Erbsen),
  • Nüsse, Samen und Kerne.

Um die biologische Wertigkeit pflanzlicher Eiweiße zu erhöhen, empfiehlt es sich, verschiedene Lebensmittel zu kombinieren, sodass sich die enthaltenen Aminosäuren ergänzen, zum Beispiel:

  • Vollkorngetreide + Hülsenfrüchte (z. B. brauner Reis mit Kichererbsen, Vollkornnudeln mit Linsen),
  • Vollkorngetreide + Nüsse oder Samen (z. B. Haferflocken mit Nüssen, Vollkornbrot mit Kürbiskernmus).

Falls es schwer fällt, ausreichend Eiweiß über die normale Ernährung aufzunehmen, kann medizinische eiweißreiche Spezialnahrung sinnvoll sein – jedoch nur in Absprache mit Ärzt*innen und qualifizierten Ernährungsfachkräften.

Wie viele Kalorien braucht der Körper während der Erholungsphase nach Krebs?

Neben einer eiweißreichen Ernährung ist es entscheidend, dem Körper ausreichend Kalorien zuzuführen. Fehlt Energie, wird das Eiweiß nicht für den Muskelaufbau genutzt, sondern zur Energiegewinnung verbrannt. 

Auch körperliche Aktivität erhöht den Energiebedarf – wer sich mehr bewegt, sollte die Ernährung entsprechend anpassen. Während der Genesungsphase ist eine regelmäßige, ausgewogene Ernährung wichtig. 

Bevorzuge möglichst unverarbeitete Lebensmittel und achte darauf, Deine Mahlzeiten so zu kombinieren, dass sie sowohl den Energie- als auch den Nährstoffbedarf decken. Auf diese Weise unterstützt Du Deine Regeneration bestmöglich.

Was unterstützt den Muskelaufbau noch?

Neben einer ausreichenden Eiweißzufuhr sollte die Ernährung nach einer onkologischen Behandlung reich an weiteren Nährstoffen sein, die die Regeneration des Körpers unterstützen:

Gesunde Fette 

Ungesättigte Fettsäuren aus Olivenöl, Avocado, Nüssen oder fettem Fisch wirken entzündungshemmend und fördern die Herzgesundheit. 

Besonders wichtig sind Omega-3-Fettsäuren. Sie kommen reichlich in Meeresfrüchten und Fischen wie Lachs, Makrele oder Sardinen vor, aber auch in Leinöl, Leinsamen und Walnüssen. 

Einige medizinische Ernährungsprodukte enthalten ebenfalls Omega-3-Fettsäuren. 

Komplexe Kohlenhydrate 

Vollkornprodukte wie Hirse, brauner Reis, Vollkornnudeln, Kartoffeln oder Haferflocken liefern langanhaltende Energie – wichtig für körperliche Aktivität und Regeneration.

Vitamine und Mineralstoffe 

Eine abwechslungsreiche Ernährung sorgt für eine optimale Zufuhr an Mikronährstoffen, die für die Muskelgesundheit entscheidend sind. 

Besonders relevant sind die B-Vitamine, Vitamin E und C sowie Eisen, Folsäure und Kalzium und Vitamin D. Ein Vitamin-D-Mangel kann die Muskelfunktion beeinträchtigen. 

Wichtig: „Mehr“ ist nicht automatisch „besser“ –  Eine Überdosierung an Mikronährtstoffen kann negative Folgen haben.

Hydration 

Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist wesentlich für die Muskel- und Stoffwechselfunktionen und unterstützt den Abtransport von Stoffwechselprodukten.

Welche Übungen helfen beim Muskelaufbau nach einer Krebstherapie?

Verschiedene Bewegungsformen haben unterschiedliche Vorteile:

  • Krafttraining (Widerstandstraining) – Übungen mit Gewichten, Widerstandsbändern oder dem eigenen Körpergewicht (z.B. Liegestütze, Kniebeugen, Ausfallschritte) sind entscheidend für den Muskelaufbau.
  • Funktionelles Training – Bewegungseinheiten wie Yoga oder Pilates verbessern Koordination, Gleichgewicht und Flexibilität, unterstützen die Regeneration und beugen Verletzungen vor.
  • Ausdauertraining – Aktivitäten wie Gehen, Radfahren, Schwimmen oder Nordic Walking stärken die allgemeine Fitness und fördern den Stoffwechsel.

Gerade in der frühen Rekonvaleszenz ist die Begleitung durch eine*n Physiotherapeut:in sinnvoll. Ein individuell abgestimmtes Trainingsprogramm hilft, Fortschritte zu machen, ohne den Körper zu überlasten. Wichtig ist, dass Bewegung Freude macht – denn so wird sie leichter zur festen Gewohnheit im Alltag.

Regeneration nach einer onkologischen Behandlung und die Psyche

Viele Menschen unterschätzen, dass der Wiederaufbau von Muskelmasse nach einer Krebsbehandlung nicht nur eine körperliche, sondern auch eine psychische Herausforderung ist. 

Körperliche und mentale Regeneration sind eng miteinander verbunden: Negative Gedanken können den Heilungsprozess hemmen, während eine positive Einstellung eine wichtige Stütze sein kann.

Gerade die ersten Schritte fallen oft schwer. Vielleicht merkst Du, dass Dein Körper weniger leistungsfähig ist als vor der Erkrankung und dass Tätigkeiten, die früher selbstverständlich waren, sich nun anstrengend anfühlen. Hinzu kommt häufig die Angst vor einem Rückfall, die die Motivation zur körperlichen Erholung schwächen kann. Solche Gedanken sind völlig normal. Eine psychoonkologische Begleitung kann in dieser Phase wertvolle Unterstützung bieten.

Vergiss nicht: Deine mentale Einstellung beeinflusst die körperliche Regeneration – und umgekehrt. Schon kleine Schritte, wie regelmäßige Bewegung, können die Psyche spürbar stärken und Dir helfen, neuen Mut und Energie zu gewinnen.

Autor
Autorin
Prüfer
Prüferin

Dorota Lazarski

Ökotrophologin (B. Sc., M. A. E-Health) und zertifizierte Ernährungsberaterin (VDOE, E-Zert). Sie verfügt über langjährige Erfahrung in Prävention und Ernährungstherapie, begleitet Patient:innen während und nach einer Krebserkrankung und erstellt qualitätsgesicherte Inhalte für digitale Gesundheitsformate.

Mehr erfahren
Quellen:
  • S3-Leitlinie Klinische Ernährung in der Onkologie (DGEM/DGHO/AWMF).
  • S3-Leitlinie Klinische Ernährung in der Onkologie (Kapitel 4 Energie- und Nährstoffbedarf).
  • S3-Leitlinie Klinische Ernährung in der Onkologie (Empfehlung 11, Kap. 4.3 Eiweißbedarf).
  • DGE-Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr.
  • S3-Leitlinie Klinische Ernährung in der Onkologie (Kapitel 3.2.1 Orale Ernährungstherapie).
  • S3-Leitlinie Sport und körperliche Aktivität zur Prävention und Therapie von Krebserkrankungen (in Entwicklung, aber Grundlage der Therapie) und Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ).
  • S3-Leitlinie Psychoonkologische Diagnostik, Beratung und Behandlung (Deutsche Krebsgesellschaft).
  • DGE-Referenzwertezur onkologischen Supportivtherapie.
Kennst Du jemanden, der das wissen sollte? Teile es gerne weiter!

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