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Moderne Behandlungsmethoden bei CLL

Moderne Therapien wie BTK-Inhibitoren, monoklonale Antikörper, Chemotherapie, CAR-T-Zellen. Überblick zu aktuellen Methoden.

March 27, 2025

Chronische Lymphatische Leukämie (CLL) ist die häufigste Form der Leukämie in westlichen Ländern. In Deutschland erkranken jährlich etwa 5.000 Menschen neu an CLL, wobei die Krankheit meist erst bei älteren Menschen diagnostiziert wird (Durchschnittsalter bei Diagnose: etwa 70 Jahre). CLL verläuft in vielen Fällen langsam, was den Behandlungsansatz stark beeinflusst. Dank moderner zielgerichteter Therapien – insbesondere neuer zielgerichteter Substanzen – hat sich die Prognose für viele Betroffene in den letzten Jahren deutlich verbessert. Viele PatientInnen können heute jahrelang ohne Beschwerden leben – bei guter Lebensqualität. 

CLL – Die häufigste Leukämieform im Erwachsenenalter

Die Chronische Lymphatische Leukämie (CLL) ist die häufigste Form der Leukämie bei Erwachsenen. Sie gehört zur Gruppe der NHL (Non-Hodgkin-Lymphome) und betrifft die B-Lymphozyten, eine wichtige Zellart des Immunsystems.

Charakteristisch für CLL ist ein oft schleichender Verlauf mit langsamer Zunahme von Krebszellen im Blut, Knochenmark und in den Lymphknoten. Viele Betroffene haben lange keine Symptome, was die Diagnose verzögern kann.

Diagnose – Wie wird CLL festgestellt?

Die Diagnose einer CLL erfolgt meist zufällig im Rahmen einer Blutuntersuchung, da die Erkrankung im Frühstadium oft keine Symptome verursacht. Die wichtigsten Diagnosemethoden sind:

  • Blutbild und Differentialblutbild – Erhöhte Lymphozytenzahl (B-Lymphozyten).
  • Immunphänotypisierung – Bestimmung der Oberflächenmarker der Krebszellen (z. B. CD5+, CD19+, CD23+).
  • Molekulargenetische Untersuchungen – Analyse von Genveränderungen (z. B. TP53-Mutationen, Del(17p) / 17p-Deletion, IGHV-Mutationsstatus).
  • Bildgebung – z. B. Ultraschall oder CT zur Beurteilung von Lymphknoten und Milz. 
  • Knochenmarkpunktion: In speziellen Fällen zur Beurteilung der Krankheitsausbreitung

Zur Beurteilung der Erkrankungsschwere und Prognose wird die Rai- oder Binet-Klassifikation herangezogen.

Watch and Wait – Keine Therapie um jeden Preis

Nicht jede diagnostizierte CLL muss sofort behandelt werden. In frühen Stadien mit wenigen Symptomen wird oft eine Strategie des Beobachtens und Abwartens („Watch & Wait“) verfolgt. Regelmäßige Blutkontrollen und klinische Untersuchungen überwachen die Krankheitsentwicklung, ohne die PatientInnen unnötig durch Therapie zu belasten:

  • Regelmäßige Kontrolluntersuchungen, ohne sofortige Therapie.
  • Start der Behandlung erst bei Fortschreiten der Erkrankung. 

Therapie – Personalisierte Ansätze nach Risikoprofil

Wenn die CLL fortschreitet oder Beschwerden verursacht (z. B. Lymphknotenschwellungen, Infektanfälligkeit, Gewichtsverlust), stehen heute verschiedene Therapieoptionen zur Verfügung: 

  • Chemoimmuntherapie – der klassische Ansatz
  • Zielgerichtete Therapien
  • Antikörpertherapie

Chemoimmuntherapie – Bei CLL nicht mehr Standard, aber noch relevant

Früher war die Kombination aus Chemotherapie und monoklonalen Antikörpern (z. B. Rituximab) die Standardbehandlung. Diese kommt vor allem bei jüngeren, fitteren PatientInnen ohne Hochrisikomutationen (z. B. keine TP53-Mutation) infrage. Typische Schemata:

  • FCR (Fludarabin, Cyclophosphamid, Rituximab) – v.a. bei jüngeren, fitten Patienten ohne TP53-Mutation.
  • Bendamustin + Rituximab.
  • Chlorambucil + Obinutuzumab – bei älteren oder vorerkrankten PatientInnen.

Vorteile:

  • Bewährte Wirksamkeit bei günstigen Risikoprofilen. 
  • Verfügbarkeit in allen Zentren.

Nachteile:

  • Höheres Risiko für Langzeitnebenwirkungen (z. B. Zweitmalignome). 
  • Nicht geeignet bei Hochrisiko-Genetik.

Zielgerichtete Therapien – Neue Standards bei Hochrisiko-CLL

Bei PatientInnen mit TP53-Mutation oder 17p-Deletion wirkt die klassische Chemoimmuntherapie schlecht. Hier haben sich moderne zielgerichtete Medikamente durchgesetzt. Sie greifen gezielt in Signalwege ein, die für das Überleben der Leukämiezellen wichtig sind.

BTK-Inhibitoren

  • Ibrutinib, Acalabrutinib und Zanubrutinib hemmen die Bruton-Tyrosinkinase (BTK), die für das Überleben von CLL-Zellen essenziell ist.
  • Hohe Wirksamkeit auch bei ungünstigen genetischen Veränderungen (z. B. TP53-Mutation). 
  • Meist als Tablette einnehmbar – ambulante Therapie möglich.

BCL-2-Inhibitoren

  • Venetoclax blockiert das BCL-2-Protein, das CLL-Zellen vor dem programmierten Zelltod schützt (hemmt die Zellüberlebenssignale direkt und führt zur Apoptose).
  • Oft kombiniert mit Obinutuzumab (monoklonaler Antikörper).
  • Hohe Ansprechraten.
  • Behandlungsdauer oft zeitlich begrenzt (z. B. 12 Monate).

PI3K-Inhibitoren

  • Nur in speziellen Situationen

Diese Medikamente werden oft auch bei älteren PatientInnen bevorzugt, da sie besser verträglich sind als intensive Chemotherapie.

Immuntherapie (Antikörpertherapie) – Immunangriff auf die CLL-Zellen

Monoklonale Antikörper binden an die Oberfläche der Leukämiezellen und markieren sie für das Immunsystem. 

  • Rituximab – bindet an CD20 auf B-Zellen und markiert sie für das Immunsystem.
  • Obinutuzumab – optimierter CD20-Antikörper mit stärkerer Zellzerstörung.
  • Ofatumumab – ebenfalls Anti-CD20, speziell bei Therapie-Resistenz.

Vorteile:

  • Wirksam auch bei älteren PatientInnen. 
  • Gute Kombinierbarkeit mit anderen Therapien (z. B. Venetoclax).

Kombinationstherapien: Synergien nutzen

Ein moderner Ansatz ist die Kombination aus zielgerichteter Therapie und Immuntherapie. Besonders effektiv ist die Kombination von monoklonalen Antikörper mit zielgerichteten Substanzen wie Venetoclax („Doublet-Therapie“) – zum Beispiel:

  • Venetoclax + Obinutuzumab (besonders bei älteren Patienten)
  • Ibrutinib + Rituximab (bei fitten PatientInnen mit ungünstigen genetischen Veränderungen)

Diese Kombinationen haben in Studien beeindruckende Wirksamkeit gezeigt und verdrängen zunehmend die klassische Chemoimmuntherapie. 

CAR-T-Zelltherapie – Individualisierte Zelltherapie

Bei therapieresistenter CLL wird zunehmend die CAR-T-Zelltherapie erforscht. Hierbei werden patienteneigene T-Zellen gentechnisch so verändert, dass sie die Leukämiezellen gezielt angreifen und zerstören. Diese Methode befindet sich noch im Studienstadium, könnte aber künftig bei refraktären Verläufen eine Rolle spielen. 

  • Noch kein Standard, sondern im Rahmen von Studien für therapieresistente PatientInnen.
  • Entwicklung insbesondere bei Richter-Transformation (Übergang von CLL in aggressives Lymphom) vielversprechend.

Vorteile:

  • Potenziell Heilungschance bei mehrfach therapieresistenter CLL. 
  • Einmalige Behandlung mit langfristigem Effekt.

Allogene Stammzelltransplantation – Option für wenige PatientInnen

Eine allogene Stammzelltransplantation wird bei CLL heute nur selten durchgeführt – meist bei jungen, fitten PatientInnen mit Hochrisiko-CLL, die auf alle anderen Therapien nicht ansprechen oder nach Transformation in ein aggressives Lymphom. Wegen der hohen Risiken (Abstoßung, Infektionen) wird diese Option sehr zurückhaltend eingesetzt.

  • Hohe Risiken, aber potenziell heilend.
  • Voraussetzung: passender Spender und sehr gute Remission vor Transplantation.

Therapiedauer – Feste Dauer oder Dauertherapie?

Moderne Therapiekonzepte bei CLL lassen sich in zwei Strategien einteilen:

  • Feste Therapiedauer: z. B. Venetoclax + Obinutuzumab über 12 Monate – danach Therapiepause
  • Dauertherapie: z. B. Ibrutinib bis zur Krankheitsprogression oder Unverträglichkeit

Beide Ansätze haben Vor- und Nachteile. Die Wahl hängt von individuellen Faktoren (Alter, Begleiterkrankungen, genetische Risikofaktoren) ab.

Nebenwirkungsmanagement – Ein wichtiger Teil der Therapie

Moderne Medikamente wie BTK- und BCL-2-Inhibitoren sind hochwirksam, aber nicht nebenwirkungsfrei. Häufige Probleme sind:

  • Infekte durch Immunschwäche
  • Blutungsneigung unter BTK-Inhibitoren
  • Tumorlysesyndrom bei schnellem Zellzerfall unter Venetoclax

Ein engmaschiges Monitoring und frühzeitiges Nebenwirkungsmanagement sind daher essenziell.

Unterstützende Therapien und Lebensqualität

Neben der Behandlung der CLL selbst ist eine gute Supportivtherapie entscheidend:

  • Infektionsprophylaxe (z. B. Impfungen, Antibiotika).
  • Behandlung von Fatigue und Anämie.
  • Psychosoziale Unterstützung (z. B. psychoonkologische Begleitung).

Psychoonkologische Betreuung – Unterstützung bei Ängsten und Unsicherheiten

Die Diagnose CLL löst bei vielen Betroffenen Unsicherheit aus, insbesondere weil die Krankheit oft über Jahre beobachtet wird. Psychoonkologen helfen dabei, mit der Diagnose zu leben, Ängste abzubauen und eine gute Lebensqualität zu erhalten.

Klinische Studien – Zugang zu Innovationen

Auch bei CLL werden laufend neue Wirkstoffe und Therapiekombinationen getestet. Die Teilnahme an einer klinischen Studie kann für viele PatientInnen eine Chance sein, früh von den neuesten Entwicklungen zu profitieren. 

Auch 2025 laufen zahlreiche klinische Studien, um die Therapie weiter zu verbessern:

  • Kombinationstherapien (z. B. BTK-Inhibitor + BCL-2-Inhibitor).
  • Next-Generation-Immuntherapien (z. B. BiTE-Antikörper – Bi-specific T-cell Engagers).
  • Epigenetische Therapien zur Reaktivierung abgeschalteter Tumorsuppressorgene.

Blick in die Zukunft – Individuelle Therapie für optimale Ergebnisse

Die Behandlung der CLL wird immer individueller:

  • Patientenalter, Fitness und Begleiterkrankungen
  • Genetische Risikofaktoren (TP53, 17p)
  • Krankheitsstadium und Symptomatik
  • Patientenwunsch (feste Dauer vs. Dauertherapie)

Dank moderner zielgerichteter Therapien haben sich die Prognosen für viele Patienten deutlich verbessert – aus einer einst unheilbaren Erkrankung wurde bei vielen eine chronisch kontrollierbare Krankheit mit guter Lebensqualität.

Quelle: Prosoma

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