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Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke

Was sind Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke und welche Arten gibt es? Wer sollte sie verwenden und wie?

8.10.2025
Expertenbeitrag

Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke sind Präparate, die für Menschen bestimmt sind, die aufgrund einer Erkrankung oder Behandlung ihren oft erhöhten Kalorien- und Nährstoffbedarf nicht durch die herkömmliche Ernährung decken können.

Was sind Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke und welche Arten gibt es?

Es handelt sich dabei um flüssige, eiweiß- und energiereiche Produkte, die ergänzend zur normalen Ernährung eingesetzt werden. Ärzt:innen empfehlen sie Krebspatient:innen häufig als unterstützende Maßnahme während der Therapie, wenn eine herkömmliche Ernährung den Nährstoffbedarf des Körpers nicht deckt. 

Das Thema medizinische Trinknahrung sorgt in onkologischen Gruppen und Foren häufig für Diskussionen. Ihr Einsatz hat sowohl Befürworter:innen als auch Kritiker:innen. Wie also ist ihre Rolle zu bewerten? 

Was ist medizinische Trinknahrung?

Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (Food for Special Medical Purpose, FSMP) sind speziell zusammengesetzte Produkte, die die Ernährung von Personen unterstützen, die Schwierigkeiten beim Essen, Verdauen oder Aufnehmen normaler Mahlzeiten haben – beispielsweise Krebspatient:innen. 

Diese Produkte werden unter ärztlicher Aufsicht eingesetzt, wenn die normale Ernährung den Energiebedarf nicht deckt.

Die bekannteste und am häufigsten verwendete Form sind die Oral Nutrition Supplements (ONS), im Deutschen als medizinische Trinknahrung bezeichnet. 

Es handelt sich dabei um flüssige, trinkfertige Präparate in Fläschchen, die in konzentrierter Form Eiweiß, Energie, Vitamine und Mineralstoffe enthalten. ONS können die tägliche Ernährung ergänzen oder zeitweise auch die Hauptquelle der Nährstoffversorgung darstellen – besonders bei Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust oder Schwierigkeiten beim Essen ganzer Mahlzeiten. 

Neben medizinischer Trinknahrung gibt es noch weitere Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke, zum Beispiel:

  • kalorien- und eiweißreiche Riegel
  • Schmelzpulver
  • Pulver zum Andicken von Speisen
  • enterale Sondennahrung, die direkt über den Magen oder Darm verabreicht wird

Wichtig: Nicht jedes proteinreiche Lebensmittel oder Pulver aus dem Handel ist automatisch ein „Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke“. Produkte mit dieser Bezeichnung sind streng geregelt und sollten nur nach Rücksprache mit Ärzt:innen oder Apotheker:innen verwendet werden.

Gerade bei Krebserkrankungen liegt der Hauptvorteil von medizinischer Trinknahrung in der hohen Nährstoffdichte auf kleinem Volumen. So dass selbst bei Appetitlosigkeit ausreichend Eiweiß, Vitamine, Mineralstoffe und Omega-3-Fettsäuren in leicht schluckbarer Konsistenz zugeführt werden. 

Die positiven Effekte von medizinischer Trinknahrung sind sowohl durch klinische Erfahrungen als auch durch zahlreiche wissenschaftliche Studien belegt. Sie zeigen, dass ONS die Energie- und Nährstoffzufuhr verbessern, das Risiko einer Mangelernährung senken und den Therapieerfolg unterstützen können. 

Wann sollte man zu medizinischer Trinknahrung greifen?

Nach Rücksprache mit einer:m Arzt:in können orale Nahrungsergänzungsmittel in die Ernährung von Personen aufgenommen werden, wenn:

  • Appetitlosigkeit oder Anorexie dazu führen, dass nicht genügend Kalorien und Nährstoffe aufgenommen werden, 
  • krankheits- und therapiebedingte Beschwerden wie Mundtrockenheit, Schleimhautentzündungen, Durchfall, Übelkeit, Erbrechen die Nahrungsaufnahme erschweren,
  • Schluckbeschwerden (Dysphagie) bestehen,
  • eine Mangelernährung diagnostiziert wurde oder ein erhöhtes Risiko dafür besteht.

Krebs selbst kann zu einer Mangelernährung beitragen. Als Mangelernährung gilt bereits, wenn Du länger als eine Woche 50-75% Deiner üblichen Nahrungsmenge zu Dir nimmst. Typische Kriterien sind:

  • Gewichtsverlust von mehr als 5 % innerhalb von drei Monaten oder mehr als 10 % innerhalb von sechs Monaten (z. B. entspricht bei einer Person mit 80 kg schon ein unbeabsichtigter Verlust von 4 kg einer Mangelernährung),
  • Body-Mass-Index (BMI) unter 20 kg/m² bzw. bei über 70-Jährigen unter 22 kg/m²,
  • deutlicher Verlust an Muskelmasse.

Oft neigen wir dazu, Appetitverlust oder Gewichtsabnahme zunächst zu verharmlosen – manchmal erscheint der Gewichtsverlust sogar positiv. Doch: Die Zeit der Krebsbehandlung ist nicht zum Abnehmen geeignet. 

Der Körper braucht ausreichend Energie und Nährstoffe, um  Krankheit und Therapie zu bewältigen. Deshalb gilt: Anhaltenden Gewichtsverlust oder Beschwerden, die das Essen erschweren, solltest Du nicht unterschätzen. Je früher gehandelt wird, desto besser. 

Eine Ernährungsfachkraft kann Deine Ernährung individuell anpassen und in Absprache mit Deiner:m Ärzt:in die passende Unterstützung durch medizinische Trinknahrung empfehlen.

Arten von oralen Nahrungsergänzungsmitteln und Verzehrsempfehlungen

Es gibt eine große Auswahl an oralen Nahrungsergänzungsmitteln auf dem Markt – mit unterschiedlichen Geschmacksrichtungen, Energiegehalten, Eiweiß- und Fettanteilen sowie Zusätzen wie Ballaststoffen, Arginin und Omega-3-Fettsäuren. 

Einige Produkte sind speziell auf bestimmte Bedürfnisse zugeschnitten, etwa für Menschen mit langsam heilenden Wunden für Diabetiker. 

Bei flüssigen Präparaten werden in der Regel 1 bis 3 Flaschen pro Tag empfohlen. Die Menge und Präparate sollte jedoch mit Deinem Ärzt*in oder Apotheker*in abgestimmt werden. 

Auch geschmacklich gibt es eine große Auswahl: Von neutralen Varianten über klassische Sorten Wie Erdbeere, Vanille, Schokolade oder Kaffee bis hin zu ausgefallenen Geschmacksrichtungen wie Mango, Cappuccino oder Tropenfrüchte. 

ONS können pur getrunken oder zur Anreicherung von Mahlzeiten genutzt werden. Wichtig ist, sie langsam und in kleinen Schlucken über etwa 30 Minuten einzunehmen. Ein zu schneller Konsum kann die Verträglichkeit beeinträchtigen und Beschwerden wie Durchfall oder Bauchschmerzen hervorrufen, da die hohe Nährstoffdichte Zeit zur Aufnahme benötigt.

Hinweise zur Einnahme von oralen Nahrungsergänzungsmitteln:

  • Vor Gebrauch gut schütteln.
  • Langsam trinken – 1 Flasche innerhalb von ca. 30 Minuten in kleinen Schlucken.
  • Gekühlt oft besser verträglich.
  • Nach dem Öffnen im Kühlschrank aufbewahren und innerhalb von 24 Stunden verbrauchen.
  • Reste nach 24 Stunden entsorgen.

Wie lange soll man orale Nahrungsergänzungsmittel einnehmen?

Die Dauer der Einnahme ist individuell und wird von Deiner:m Ärzt:in beurteilt. In der Regel wird empfohlen, ONS so lange einzusetzen, bis sich Dein Ernährungszustand stabilisiert und verbessert hat – also z. B. Du wieder an Gewicht (einschließlich Muskelmasse) zunimmst.

Bedenke jedoch, dass die Wirkung nicht sofort eintritt – erste spürbare Verbesserungen treten meist nach etwa zwei Wochen regelmäßiger Einnahme auf. Daher sollte die Einnahme nicht zu früh beendet werden.

Wie verwendet man ONS in Mahlzeiten?

Die Verwendung von medizinischer Trinknahrung in Mahlzeiten ist eine gute Möglichkeit, den Nährwert zu erhöhen, ohne das Volumen wesentlich zu vergrößern. Einige Ideen für Deine Küche:

  • Verwende neutrale ONS anstelle von Sahne, um Suppen zu verfeinern – so erhältst Du bis zu 4-mal mehr Protein, 20 % mehr Kalorien sowie Vitamine und Mineralstoffe.
  • Mische Deine Lieblings-ONS unter Hüttenkäse als Brotaufstrich oder nutze ihn als Topping auf Pfannkuchen und Plätzchen.
  • Ergänze Obst- und Gemüse-Smoothies mit ONS.
  • Rühre ONS in Haferflocken oder Hirsebrei (optional mit Milch strecken).
  • Stelle Eiscreme her: fülle ONS in Joghurt- oder Eisbecher, stecke einen Holzstäbchen hinein und friere es ein.
  • Nutze neutrale ONS für die Zubereitung von Soßen (z. B. für Fleischgerichte).
  • Verarbeite ONS in Snacks wie Pudding oder Muffins.

Kontroverse um medizinische Trinknahrung 

Trotz der großen Unterstützung, die medizinische Trinknahrung bieten kann, haben manche Menschen Vorbehalte gegen ihre Verwendung. Im folgenden Artikel gehen wir auf die häufigsten Bedenken und Mythen ein. 

Autor
Autorin
Prüfer
Prüferin

Dorota Lazarski

Dorota Lazarski ist B. Sc. Ökotrophologin, M. A.  E-Health & Management im Gesundheitswesen sowie zertifizierte Ernährungsberaterin (VDOE,  E-Zert).

Mehr erfahren
Quellen:
  • S3-Leitlinie Ernährung und Ernährungsmedizin in der Onkologie (Empfehlung zur Ernährungstherapie und ONS bei Mangelernährung).
  • S3-Leitlinie Ernährung und Ernährungsmedizin in der Onkologie, DGEM Leitlinie Terminologie.
  • BVL/BfArM Positionspapier (Definition), Verordnung (EU) Nr. 609/2013 (Art. 2 Abs. 2 g), EFSA FAQ.
  • BVL/BfArM Positionspapier, Verordnung (EU) Nr. 609/2013, EFSA FAQ.
  • Delegierte Verordnung (EU) 2016/128 (Klassifizierung in 3 Kategorien), EUR-Lex (Richtlinie 1999/21/EG).
  • Positionspapier des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) und des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zur Charakterisierung von Lebensmitteln für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten).
  • Spektrum.de – Lexikon der Ernährung (Eintrag: Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke).
  • Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM) - Terminologie.
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